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Wie geht es mit den Ausnahmen für Blei weiter?

25. März 2021

Der Stichtag »21.07.2021« rückt näher!

Patrick Lehn von Rutronik, Mitglied des Com­petence Circles RoHS innerhalb des Umwelt & Compliance-Teams des FBDi-Verbandes, und Dr. Bettina Enderle, Kanzlei für Umwelt- und Planungsrecht, geben nachfolgend detaillierte Auskunft:

Stichtag 21. Juli 2021 rückt näher
Frau Dr. Bettina Enderle

Quelle Markt & Technik, das Gespräch führte Corinna Puhlmann-Hespen
Am 21. Juli 2021 läuft eine wichtige Frist ab. Konkret geht es um die Aus­nahme­re­ge­lungen der 7er-Gruppe des Anhang III der RoHS-Richtlinie 2011/65/EU, wel­che die Verwendung von Blei in bestimmten Loten oder in Bau­teilen für elek­tr(on)i­sche Bau­teile in Glas oder Keramikstoffe regelt.

Derzeit erreichen die Mitgliedsunternehmen im FBDi verstärkt Anfragen zur RoHS, kon­kret den Ausnahmeregelungen für Blei. Die in Deutschland geltende ElektroStoffV regelt für das Inverkehrbringen von Elektro- und Elek­tro­nikgeräten nicht nur die Stoff­verbote nach der RoHS-Richtlinie, sondern verweist auch auf die Ausnahmen, die in Anhang III und IV der Richt­linie enthalten sind.

Die aktuelle konsolidierte Version der Nr. 7 in Anhang III enthält für die Geräte-Kate­gorien 1-8 und 10 ein Auslaufdatum zum 21. Juli 2021 (für medizinische In-Vitro Diag­nos­tika, indus­tri­elle Überwachungs- und Kon­troll­instru­men­te sowie Kategorie-11-Geräte gelten verlän­ger­te Fristen). Demnach würde für nahezu alle Elektrogeräte, die in den Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie fallen, die Nutzung dieser Ausnahmen nicht mehr möglich sein, bzw. wäre ein Inverkehr­brin­gen in der EU nicht mehr ge­stat­tet.

Gültigkeit auch nach dem 21. Juli 2021!
Allerdings ist bei genauer Betrachtung der gesamten RoHS-Richtlinie diese Gefahr vorerst nicht gegeben, denn das Auslauf­datum unter­liegt noch weiteren Regelungen: Wichtig dabei ist Artikel 5 Abs. 5 Satz 2, der besagt, dass eine bestehende Ausnahme so lange gültig bleibt, bis die EU Kommission über den Antrag auf Erneuerung ent­schie­den hat. Bei Ablehnung des Antrags tritt nach Art 5 Abs. 6 eine Aus­lauf­frist zwischen mindestens 12 und maximal 18 Monate in Kraft.

Wann wird die Kommission über die Ausnahmen in Nr. 7 entscheiden?
Hersteller und alle Beteiligten in der Liefer­ket­te können nach Artikel 5 Abs. 3 der RoHS-Richtlinie einen Antrag auf Erneuerung der Ausnahmen stellen. Dieser Antrag muss jeweils bis spätestens 18 Monate vor Aus­lau­fen der Ausnahme bei der Kom­mis­sion ein­ge­reicht werden. Für die Ausnahmen in Anhang III Nr. 7 wurden von mehreren Unternehmen rechtzeitig Ausnahmeanträge eingereicht. Diese sind auf der Website des Ökoinstituts e.V. in Freiburg abrufbar, das von der General­di­rek­tion Umwelt bei der Kom­mis­sion mit der Betreuung der Stake­holder Consultation und der Erstellung eines Berichts und der Abgabe einer Empfehlung zur Verlängerung der Aus­nah­men und den Möglichkeiten der Substi­tu­tion be­auf­tragt ist.

Die EU Kommission wird auf dieser Grundla­ge über die Verlängerung und Reichweite einer Ausnahme entscheiden und ggfs. den Entwurf einer delegierten Richtlinie ver­öf­fent­lichen, um die RoHS-Richtlinie an den wissenschaftlichen und technischen Fort­schritt anzupassen. Der Entwurf wird der WTO angezeigt und steht der Öffentlichkeit nochmals für Stellungnahmen zur Verfü­gung. Nach der Prüfung durch das Euro­pä­ische Parlament und den Rat wird die dele­gier­te Richtlinie im Amtsblatt der EU ver­öffentlicht.

Stakeholder Consultation
Soweit die gesetzliche Regelung. Doch wo stehen wir aktuell?
Am 15. Dezember 2020 informierte das Öko-Institut e.V. auf seiner Website, dass die Be­wer­tungsstudie (Pack 22) für die Ausnahmen 6(a)/6(a)-I, 6(b)/6(b)-I, 6(b)-II, 6(c), 7(a), 7(c)-I and 7(c)-II gestartet wurde. Dort findet sich auch eine Projektbeschreibung aus der hervorgeht, dass das Projekt am 27. Juli 2021 mit dem finalen Report endet. Im April 2021 soll ein Interims-Report erstellt werden. Der finale Report wird die wissen­schaft­liche Grundlage zur Entscheidung der EU Kommission bilden.

Derzeit können betroffene Unternehmen noch bis 3. März 2021 Stellungnahmen an das Ökoinstitut zu der benötigten Verlänge­rung der Ausnahmen abgeben. Auf der Website des Ökoinstituts finden sich Hin­weise zur Abgabe einer Stellungnahme.

Delegierte Richtline
Das kürzeste Szenario wäre: Wenn die Kom­mis­sion innerhalb von einem Monat nach dem Vorliegen des Reports des Ökoinstituts die Erneuerung komplett ablehnt und ve­röf­fent­licht, und eine Übergangsfrist von nur 12 Monaten greift, so würden die Aus­nahmen frühestens Ende August 2022 aus­laufen. Allerdings erscheint dieses Szenario un­wahr­scheinlich, denn speziell für die Ausnahmen 7 a, c (I) und c (II), wurden zahl­rei­che Argumente vorgetragen.

Eine finale Entscheidung wird nicht mehr in 2021 erwartet. Die Kommission selbst verweist auf die hohe Zahl der ihr vorlie­gen­den Anträge und gibt als zu erwartende Dauer des ge­samt­en Verfahrens 24 Monate nach der Ein­rei­chung des Antrags an. Sollte im un­güns­tigsten Fall der Antrag auf Er­neu­e­rung in Gänze ab­ge­lehnt werden, so schließt sich danach der aufgeführte Übergangs­zeit­raum von 12 bis 18 Monaten an.

Zudem haben sich starke Wirtschaftsver­bän­de und Unternehmen in einem Kon­sor­tium unter dem Namen „RoHS Umbrella Industry Project“ zusammengefunden, um – parallel zu den Aus­nah­me­anträgen - an praktikablen Lö­sun­gen zu Substitutions­mög­lichkeiten bzgl. Blei zu arbeiten. Mehr dazu ist eben­falls auf der Seite des Öko Instituts zu finden.

FAZIT: Die aufgeführten Ausnahmen werden auch über den 21. Juli 2021 hinaus Gültigkeit besitzen. Ob die Ausnahmen nun bis 2022, 2024 oder länger gelten werden – sie sind vom Konzept her und nach dem Willen der EU Kom­mis­sion den­noch endlich und werden teil­weise auch bei jeder Verlängerung etwas weiter ein­ge­schränkt. Unter­stützung bei der Aus­wahl von Bau­ele­menten erhalten Interessenten bei den Mitglied­sunter­nehmen des FBDi-Verbandes.

RoHS-Richtlinien

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