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Ist die »Zeitenwende« von nach­ge­ord­neter Bedeutung?

13. September 2023

»Ist Zeitenwende sekundär«
Andreas Falke, Geschäftsführer des FBDi

PM, Berlin vom 13. September 2023
Quelle: ctrl-tec.de und elektroniknet.de
Kommentar von Andreas Falke, Geschäftsführer FBDi

Seit dem 24. Februar 2022 ist es hoch­of­fi­ziell, dass wir in der Phase einer Zei­ten­wen­de leben. Ist der Grund dafür der Einmarsch Russlands in die Ukraine oder die in diesem Moment offen­sicht­lich ge­wor­de­ne Ab­hän­gig­keit und Blau­äugig­keit, von der wir uns abwenden müssen?

Jahrelang hat uns die Ressource Gas günstige Energie und Wohlstand beschert. Unter Druck ist es uns jetzt gelungen Lösungen aufzubauen – auch wenn wir noch lange nicht fertig sind. Andere Ressourcen werden an der Stelle deutlich schwerer zu ersetzen sein, da sie Grundstoffe unserer Wirtschaft sind, die sich nicht durch regenerative Energien ersetzen lassen. Wir können nicht mehr verbrauchen, als wir haben – diese Erkenntnis ist nicht neu. Wir alle kennen den Erd­über­las­tungs­tag (2023 in Deutschland am 4. Mai, in den USA schon am 13. März) (1).

Das Problem mit dem ‚Pump auf Um­welt­kosten‘ ist: Wir können de­fi­ni­tiv nicht sagen, wann wir den Kredit aus der Zu­kunft zurück­zu­zah­len haben.

Für die Analyse und zur Untermauerung po­li­ti­scher Entscheidungen hat die EU ein Dash­board bzw. Infor­ma­tions­system RMIS (»Raw Materials Infor­mation System«) auf­ge­baut, auf das auch der Bürger Zugriff hat. Dort werden 87 relevante Roh­stoffe analysiert und für Interes­sier­te nach­voll­zieh­bar dar­ge­stellt (2).

Demnach sind nur 37 Rohstoffe unkritisch, hin­ge­gen 50 Rohstoffe ‚kritisch‘, und 25 wer­den sogar als ‚strategisch kritisch‘ be­wer­tet. Es zeigt mehr als deutlich, wie stark ab­hängig Deutschland und die gesamte EU bei Roh­stof­fen von anderen Ländern ist. Laut die­ser Analyse (vom 16.03.2023) ist auch Gallium einer der kritisch­sten Roh­stoffe mit einer Ri­si­ko­be­wer­tung von 4,8 (max. 5).

Pas­sender­weise will China Gallium zusammen mit Ger­ma­nium nur noch begrenzt liefern bzw. hat diese inzwischen sank­tio­niert. Beide spie­len bei Zukunfts­tech­no­logien (u.a. Glas­faser­kabel, Halb­leiter, Solar­zellen) eine Schlüssel­rolle. Eigentlich sind diese beiden seltenen Erden wenig beachtete Roh­stoffe, von denen wir aber wissen, dass sie zu weit über 80 % des Welt­marktes in China raffiniert werden. Laufen wir also von einer Krise / von einer Ab­hängig­keit in die Nächste? Ja, nur laufen wir nicht, sondern sind bereits mittendrin.

Wir müssen uns eingestehen, dass wir unsere Zukunft nicht autark planen können, sondern wie sehr wir in unserem täg­li­chen Leben, und wie sehr unsere Wirtschaft abhängig vom Ver­hal­ten anderer ist. Dumm, dass diese uns nicht un­be­dingt als Priorität ansehen.

Es gibt keine andere Chance, als dass wir uns in Zukunft wieder an das natürliche Kreis­lauf­modell der Wirtschaft ge­wöh­nen.

Und genau darin liegen neue Perspektiven – vor allem für die, die sich nicht zu schade sind, über den Re-Use, Recycle, und regenerativ als Wert nachzudenken. Vorteile, die sich ergeben, sind klar ersichtlich: Wir könnten uns etwas unabhängiger machen, unser Ab­fall­auf­kom­men reduzieren, die Umwelt schützen und neue Technologien ent­wickeln, die das Po­ten­zial als Basis für ein neues Wirt­schafts­wachs­tum bergen. Schließlich wird es überall Bedarf an diesem Know-how geben. Dieses Inno­va­tions­po­ten­zial gemeinsam mit der re­du­zier­ten Abhängigkeit sollte uns alleine schon Moti­va­tion genug sein.

Schon Albert Einstein sagte: »Es ist ein Zeichen von Wahnsinn, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.«

Das sollte Antrieb genug sein. Bleibt nur zu hoffen, dass es unsere Führung diesmal schafft, das Wich­ti­ge richtig zu ver­mit­teln und die positiven Aspekte herauszustreichen, statt mit Angst vor dem Verlust Wähler in die fal­sche Richtung zu treiben.

(1) Country Overshoot Days 2023 – Earth Overshoot Day

(2) RMIS – Raw Materials Information System (europa.eu)

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